Badische Zeitung vom Freitag, 23. März 2007 

René Lohs rügt die ALM-Fraktion Abo

Angeblicher Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht / Fraktionssprecher Richter kann indes auf Zeitungsbericht verweisen

Von unserer Redakteurin Gabriele Babeck-Reinsch

 

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Der Kauf eines Grundstückes an der Östlichen Allee wird zum Stein des Anst

 

 

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MÜLLHEIM. Der Paukenschlag kam ganz zum Schluss — in Form einer geharnischten und auch formell formulierten Rüge an die Fraktion der Alternativen Liste Müllheim (ALM). Bürgermeister René Lohs drohte ihr außerdem mit einem Bußgeld. Veranlassung dazu sah er, weil ein Grundstücksgeschäft der Stadt an die Öffentlichkeit gelangt war.

René Lohs schien auf die Frage geradezu gewartet zu haben. Als ALM-Fraktionssprecher Martin Richter das Thema Grundstücksgeschäft anschnitt, legte der Bürgermeister unvermittelt los. Er habe zum ersten Mal Anlass, eine Fraktion offiziell und "mit Billigung der Rechtsaufsichtsbehörde" zu rügen, erklärte er. Die ALM habe mit der Bekanntgabe eines Grundstücksgeschäftes die Verschwiegenheitspflicht nach Paragraph 35 der Gemeindeordnung verletzt, indem sie Informationen aus einer nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung öffentlich bekannt gemacht habe. Er habe diesen Sachverhalt der Aufsichtsbehörde im Landratsamt zur Kenntnis gegeben, so Lohs.

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Bürgermeister René Lohs

 

Offenbar aber hat der Bürgermeister bei seinen Vorwürfen einen Sachverhalt übersehen, der die Kritik mehr als relativiert. Bevor die ALM-Fraktion überhaupt den von ihm gemeinten und an ihn gerichteten Auskunftsantrag stellte, hatte eine örtliche Zeitung bereits über den Grundstückskauf berichtet. Es geht um das Flurstück 363/4 zwischen Hafnergasse und Östlicher Allee. An diesem 1000 Quadratmeter großen Stück, das dem Land gehörte, hatte auch die Familienheim Interesse, weil sie direkte Angrenzerin ist. Ihr aber war der Preis zu hoch. So wollte die ALM wissen, warum die Stadt für ein als Rohbauland eingestuftes Grundstück einen über dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis akzeptiert hat.

Bisher gibt es darauf keine Antwort, hingegen reichhaltig Vorwürfe. ALM-Fraktionssprecher Martin Richter hatte kein Rechtfertigungsproblem. Er wies die  Einlassungen des Bürgermeisters als "absolute Verleumdungen" zurück, da

Dr. Martin Richter

 

 

er ja nur aus einem Zeitungsbericht zitiert habe. Von der Rechtsaufsicht im Landratsamt war gestern übrigens folgendes zu erfahren: "Wir wurden weder mündlich noch schriftlich über den konkreten Sachverhalt informiert" , sagte Manfred Kocher, stellvertretender Leiter der Presse- und Koordinationsstelle. Wohl aber habe Bürgermeister Lohs aus Müllheim eine ganz allgemeine Anfrage über den Paragrafen 35 (Verschwiegenheitspflicht) an das Amt gerichtet.

Badische Zeitung vom Freitag, 23. März 2007 

EIN WORT DAZU:

Erst prüfen, dann rüffeln Abo

Lohs-Rüge

Den Triumph wollte er offensichtlich allein auskosten. Hätte der Bürgermeister seine Mitarbeiter gefragt, wäre die Sache wahrscheinlich anders ausgegangen. Zum Beispiel seinen persönlichen Referenten Michael Kaszubski. Dieser nämlich hatte der Zeitung auf deren Anfrage hin Auskunft gegeben und extra noch beim Sachbearbeiter nachgefragt. Auf die daraufhin folgende Darstellung hat die ALM reagiert. Ihr daraus einen Strick zu drehen, ist mehr als verwegen. Es zeugt ebenso von wenig Respekt den Mandatsträgern gegenüber. René Lohs stünde anders dar, wenn er sich gründlicher mit den Sachverhalten auseinandersetzen würde, bevor er ohne Netz und doppelten Boden zum Angriff übergeht. So steht auch seine Behauptung, das Landratsamt in dieser Sache hinter sich zu haben, auf äußerst wackligen Füßen. Die Zurückhaltung der Behörde ist bekannt, sich ungeprüft in Rechtsfragen zu äußern. Dass sie in diesem Fall explizit behauptet, den Sachverhalt konkret gar nicht vorgetragen bekommen zu haben, rückt den Bürgermeister in ein gehörig schiefes Licht. Diese Angelegenheit gehört sehr schnell aus der Welt geschafft: mit der Rücknahme der Vorwürfe, einer Entschuldigung und klaren Antworten auf die Fragen der ALM.

Gabriele Babeck-Reinsch