Bündnis 90 / Die Grünen      

Kreisverband Breisgau-Hochschwarzwald

Till Westermayer

Mitglied im Kreisvorstand

Grünes Büro

Haslacher  Straße 61

79115 Freiburg

till@tillwe.de

www.gruene.de/breisgau-hochschwarzwald

 

 
 

 

 

 

 


Bündnis 90 / Die Grünen, Ov. Müllheim-Neuenburg und Umgebung

 

Herrn Minister

Ortsverband

Müllheim-Neuenburg und Umgebung

Dora Pfeifer-Suger,

Mitglied im Ortsverbandsvorstand

 Britzinger Weg 24,

79379 Müllheim,

Tel./Fax: 07631-173657

dora.pfeifer-suger@gruene-muellheim-neuenburg.de

www.gruene-muellheim-neuenburg.de

 

 

 

 

 

 

 
Jürgen Trittin

Bundesministerium für Umwelt,

Naturschutz und Reaktorsicherheit

Alexanderplatz 6

 

10178 Berlin

 

                                                                                             

 

Müllheim, den 23. August 2004

 

 

Gefahr durch das AKW Fessenheim

Schreiben an die Bürgermeister verschiedener Gemeinden

 

 

Sehr geehrter Herr Umweltminister, lieber Jürgen Trittin,

 

mit Verwunderung haben wir über die Presse von Ihrem Schreiben an die Bürgermeister der Gemeinden im Nahbereich um Fessenheim erfahren. Die Stellungnahme des BMU wurde mit Spannung erwartet und hat ein entsprechendes Presseecho gefunden.

 

Die Bevölkerung ist sehr besorgt über die Sicherheitslage im AKW Fessenheim und hat auf das Schreiben des BMU mit Unverständnis und Enttäuschung reagiert. Immer neue Meldungen über Sicherheitsmängel und eine Reihe von Störfällen lassen erahnen, welche Zeitbombe in unmittelbarer Nähe tickt. Die Menschen können durchaus nachvollziehen, dass eine deutsche Behörde keine eigenen Überprüfungen in einem französischen AKW anstellen können.  Doch erwarten Sie, mit ihren Ängsten und Sorgen ernst genommen zu werden und in ihrem Bemühen um die Stilllegung der AKW-Blöcke in Fessenheim diplomatische Unterstützung zu erhalten.

 

Unabhängige Wissenschaftler hatten im Februar 2000 einen Bericht über die zweite Zehnjahressicherheitsüberprüfung des Reaktor 1 des AKW Fessenheim erstellt, in dem gravierende Bedenken bezüglich der  Sicherheit und vor allem der Ausdehnung der Betriebszeit geäußert wurden. U. A. wurde auf die nicht ausgeräumte Gefahr einer Wasserstoffbildung und -explosion , mangelnde Sicherung des Brennelementelagerbeckens gegen Einwirkungen von Außen, Alterung von Materialien, Ablösungen der Innenhaut in der Sicherheitshülle, Risse im Reaktordruckbehälter, mangelnde Erdbebensicherheit und kaum vorhandener Schutz gegen Flugzeugabstürze, unzureichender Strahlenschutz für die Mitarbeiter bei einer manuellen Öffnung des Druckbehälters etc. hingewiesen. Die Verfasser des Berichts: die Wissenschaftler Jean-Marie Brom, Gérard Gary, Minique Sené und Raymond Sené (1)

 


Nach unseren Informationen wurden die Mängel bis heute nicht behoben. Hinzu kamen neue Erkenntnisse über Sicherheitsmängel, wie das Sicherheitsdefizit im Notkühlsystem durch die Gefahr einer Verstopfung der Sumpfsiebe und Mängel an der Kabelisolierung an Verbindungskästen im Reaktorsicherheitsbehälter.  Zudem wurde im Sommer 2003 bekannt, dass die Erdbebenauslegung nicht den aktuellen Bestimmungen entspricht. Der „Réseau Sortir de nucléaire“ waren Papiere zugespielt worden, die auf erhebliche Differenzen zwischen der DGSNR und der EdF bezüglich der Erdbebensicherheit und der erforderlichen Nachrüstung französischer Atomkraftwerke, u. a. auch des AKW Fessenheim schließen lassen. (s. Anlage)

 

Das AKW Fessenheim liegt im tektonisch sehr aktiven Oberrheingraben. Im Februar 2003 erschütterte ein Erdbeben mit der Stärke 5,4 auf der Richterscala die Region. Das Epizentrum lag bei Rambertviller in den Vogesen, nur wenige km vom AKW Fessenheim entfernt. Bis heute werden Nachbeben registriert. Hinzu kommt eine Vielzahl weiterer kleiner Erdbeben, deren Epizentren im Nahbereich um Fessenheim liegen. (s. Anlage und 2.)

 

Im Jahre 1356 hatte das bisher schwerste bekannte Erdbeben die Region erschüttert. Das Epizentrum lag bei Basel. Die Stadt  wurde damals völlig zerstört und die Schäden in der Region waren enorm. Ortschaften und Burgen waren nicht mehr bewohnbar. Bis Straßburg wurde über einstürzende Kirchtürme berichtet. Das Erbeben wird von Wissenschaftlern mit einer Stärke von etwa 6,5 auf der Richterscala und der Stärke X nach der MSK-Skala eingestuft. Wissenschaftler der ETH Zürich, der UNI Basel und der UNI Straßburg hatten in einer Studie, die im September 2002 in der Zeitschrift Science (Nr. 239) veröffentlicht wurde, das Erdbeben näher untersucht. Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass von der Verwerfung Reinach-Basel der größte Teil der seismischen Aktivitäten in der Region ausgehen. In den letzten 8500 Jahren soll diese Verwerfung bereits drei große Beben ausgelöst haben. Die Wissenschaftler betonten, dass sie das nächste größere Erdbeben nicht mit Sicherheit voraussagen könnten, doch die Zeit für Vorsichtsmaßnahmen sei jetzt.

 

Wir hoffen, die Gefährdung durch das AKW Fessenheim und die berechtigten Sorgen der Bevölkerung ausreichend vermittelt zu haben und bitten darum, diese ernst zu nehmen und nach Wegen zu suchen, die Gefahr zu beseitigen.  Der Sicherheitsvergleich mit dem AKW Neckarwestheim kann für die Menschen hier nur heißen, dass beide Anlagen so schnell wie möglich stillgelegt werden müssen.

 

Für Ihre Bemühungen besten Dank

 

Mit sehr besorgten Grüßen

 

 

gez. Till Westermayer                                  Dora Pfeifer-Suger                 

Kreisvorstand KV Breisgau-Hochschwarzwald                                   Ortsverbandsvorsitzende

OV Müllheim-Neuenburg und Umgebung

 

 

 

 

 

1)                   Jean-Marie Brom:  jean-marie.brom@wanadoo.fr

2)                   http://www.lgrb.uni-freiburg.de/lgrb/Fachbereiche/erdbebendienst

 

 

Anlagen