Leo Winterhalder   Redekonzept                                                                Kreistagssitzung 23.07.2007

 

 

Sehr geehrter Herr Landrat,

liebe Kolleginnen und Kollegen des Kreistags,

liebe Fraktionsmitglieder,

 

„der Kreistag begrüßt das Projekt für ein Freizeitbad in Titisee – wie alle Gemeinden des Hochschwarzwaldes- , für das er aus touristischen und regionalwirtschaftlichen Gründen strukturellen Bedarf sieht. Er würdigt die große Entschlossenheit, mit der die Bevölkerung und kommunale Gremien im Hochschwarzwald hinter dem Projekt stehen.“

Ich würde gerne hinzufügen, „hinter dem alle Fraktionen des Kreistag mit großer Mehrheit stehen.“ Die Hoffnung stirbt zuletzt, wie man sagt.

 

Um die Würdigung, die sich in diesem Fall nicht nur im bloßen Begrüßen erschöpfen kann, auf das angemessene Maß festzulegen, hilft es vielleicht, an den Ausgangspunkt der Überlegungen, aus Sicht des Landkreises , zurückzukommen und von da aus eine Bewertung über die Frage der finanziellen Würdigung bzw. Unterstützung des Badeparadieses Schwarzwald abzugeben.

Zunächst war da das Kreishallenbad: alt, sanierungsbedürftig, unattraktiv, teuer.

 

Dann war die Diskussion über Sanierung, Erweiterung, Attraktivierung des Bades. Als die Kosten für diese Sanierung erörtert wurden, ging es Schlag auf Schlag. Der Kreis konnte und wollte die Kosten nicht alleine tragen, die Hochschwarzwaldgemeinden wurden darauf hin um Unterstützung gefragt, die Bereitschaft der Gemeinden, in DIESES Bad an DIESER STELLE zu investieren, hielt sich in Grenzen, der Landkreis sah sich gezwungen, das Bad zu schließen und gleichzeitig eindeutig klar zu machen, wenn sich gemeindeübergreifend etwas in der Badfrage tue, werde sich der Kreis angemessen beteiligen, um den Schwimmsport für die Kreisschüler wieder gewährleisten zu können. Das war 2003.

 

In der Zwischenzeit hat sich einiges getan: Die Hochschwarzwaldgemeinden haben auf beispielhafte Weise gezeigt, dass sie gemeinsam Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung der Region übernehmen wollen und haben darüber hinaus eine Lösung gefunden, die es dem Landkreis ermöglicht, für die nächsten beiden Jahrzehnte wieder Schwimmsport anbieten zu können.

 

In der Zwischenzeit hat sich aber noch mehr getan: Die wirtschaftliche Entwicklung im Landkreis, das wird immer deutlicher, ist nicht homogen. Während der Landkreis als Ganzes Zunahmen der Bevölkerung und des wirtschaftlichen Wachstums zu verzeichnen hat, ist dies im Hochschwarzwald im weit geringerem Maße, wenn nicht gar in abnehmendem Maße der Fall. Die finanziellen Unterstützung des Bades ist also neben der guten Lösung für den Schwimmwport, auf den die Hochschwarzwälder Eltern und Schüler lange gewartet haben, in einem weit größeren Umfang eine Frage der Wirtschaftsförderung für die Region Südlicher Schwarzwald.

Der einmalige Zuschuß für das Badeparadies Schwarzwald ist in meinen Augen wirtschaftlich zwingend erforderlich, politisch richtungsweisend, sozial unerläßlich und ökologisch verträglich.

 

Der Hochschwarzwald lebt mit und vom Tourismus. 50 % der Erwerbstätigen hängen mehr oder weniger direkt am Tourismus. Das Gewerbe, der Handel, das Handwerk... Bereiche, die ohne diesen Motor Tourismus in diesem Umfang nicht denkbar wären. Der Tourismus ist für den Hochschwarzwald wie „der Daimler“ für die Alp. Mehr möchte ich dazu gar nicht sagen: Man sieht, wie sich der Landkreis sowohl finanziell als auch personell im Bereich Tourismus engagiert.

die politische Komponente: Richtungsweisend für die Herausforderungen der Zukunft ist die Tatsache, dass sich mehrere Gemeinden zusammenfinden, das Kirchturmsdenken hintanstellen und gemeinsam ein Projekt vorantreiben und unterstützen. Das ist ein Modell für die Zukunft, das auf weitere Bereiche ausgeweitet werden kann. Ich denke an den Unterhalt von Bauhöfen, Entwicklung einer eigenständigen Energieversorgung und natürlich an weitere Projekte der Touristischen Infrastuktur, die allen zugute kommen, aber eben sinnvollerweise nur einmal gebaut werden. Die Informationspolitik, die die Gemeinden betrieben haben, hat durchaus basisdemokratische Elemente: Mir ist keine Gewerbeansiedlung dieser Größenordnung bekannt, die eine solch breite Information, Mitsprache und Zustimmung der gesamten Bevölkerung erhalten hat. In jeder Hochschwarzwaldgemeinde fanden Bürgerversammlungen statt, in denen das Projekt vorgestellt und zur Abstimmung gestellt wurde. Weder in den Bürgerversammlungen noch in den Gemeinderatsgremien haben sich Gegner des Projekts gefunden. Ablehnende Stimmen gab es nur aufgrund der innovativen Idee, Geld für ein Projekt auszugeben, das nicht auf der eigenen Gemarkung gebaut wird.

 

·         die soziale Komponente: Einer Region, der nachweislich die Leute davonlaufen, weil es zu wenig Arbeit gibt, in der es ein "negatives" Bevölkerungswachstum gibt, in der in den letzten Jahren allein im Dienstleistungssektor über 200 Arbeitsplätze weggefallen sind, sind die neu entstehenden Arbeitsplätze dringend notwendigEs gehört zur Aufgabe der Daseinsfürsorge, der sozialen Verantwortung, sich auch von Seiten der Kommunen und des Landkreises dieses Problems anzunehmen. Nicht theoretisch, sondern gerade dort, wo sie wie in diesem Fall, notwendig und kurzfristig umsetzbar ist. Die Schaffung von Arbeitsplätzen ist sozial.

 

·         die ökologische Komponente: Über die gesetzlichen Auflagen den Umweltschutz hinaus, schlägt der Investor in der Energieversorgung einen Weg ein, den man nur begrüßen kann. Die Beheizung des Bades mit Holzhackschnitzel, die Versickerung der versiegelten Flächen durch einen Teich auf der Südseite des Bades, die Anbindung an den ÖPNV –die nach dem Bau der geforderten Bahnunterführung- vorbildlich sein wird...  Ob die Versorgung mit Nahwärme für weiterer Gebäude in der unmittelbaren umgebung oder eines Baugbiets möglich ist, wird sich in der weiteren Planung zeigen müssen. Grundsätzlich steht der Investor solchen Gedanken offen gegenüber, wie das Beispiel Erding zeigt, wo an der Erdwärme für das Bad auch ein Wohngebiet angehängt wurde. Der Hochschwarzwald ist sowohl aus topographischer als auch aus verkehrstechnischer Sicht kein sonderlich geeigneter Standort für Industrieansiedlungen, wenn wir nach wie vor den Ausbau der B31 ablehnen und wenn wir nach wie vor das Landschaftsschutzgebiet erhalten wollen. Folgerichtig müssen Alternativen gesucht werden in dem Bereich, der ökologisch und ökonomisch in die Landschaft paßt. Ein Projekt, das 150 Meter von der B31 und 600 Meter vom nächsten Bahnhof entfernt   auf einem ehemaligen Parkplatz errichtet wird, tut dies.

 

Der Hochschwarzwald kann sich mit der konsequent ökologisch ausgerichteten Umsetzung des Bades deutlich von anderen Regionen absetzen und ein weiteres Alleinstellungsmerkmal aufweisen.

 

Was sind eigentlich die Gegenleistungen, die vom Investor gebracht werden?
Zum ersten und wichtigsten: das Bad wird gebaut. Die Alternative, das die Kommunen 30 Millionen Euro selbst aufbringen und das Bad kostenneutral betreiben, existiert in meinen Augen nicht! Des weiteren wird das Bad für den Schwimmsport kostenlosen zur Verfügung stehen. Das zum 01.01.2004 geschlossene Kreishallenbad hatte ein 25 Meter Becken mit einer Tiefe auf der den Startblöcken gegenüberliegenden Seite von genau 1,10 Metern. Weniger als das, was heute zur Debatte steht. Wer noch mehr will, darf nicht weniger oder gar nichts zahlen wollen!

 

Was soll der Landkreis geben?
350.000 Euro im Jahr spart der Landkreis ein seit der Schließung des Hallenbades 2004. Das ergibt eine Summe von 1.750.000 Euro bis einschließlich 2008. Dazu spart der Landkreis über einen Zeitraum von 20 Jahren die Kosten für das Schulschwimmen. Rechnet man die Alternative, Bau und Unterhalt eines Sportbades, dagegen, so war die ursprünglich geforderte Summe von 2,5 Mio. Euro als einmaliger Zuschuß für dieses Bad nicht zu hoch gegriffen. Alles unter 1,75 Mio. wäre in meinen Augen eine gemessen am Nutzen für den Landkreis nicht ausreichend hohe Beteiligung-allein schon aus Sicht des Schulsports.

Worum es eigentlich geht
Es geht darum, einer unbestritten wirtschaftlich gegenüber dem übrigen Kreisgebiet weit hinterherhinkenden Region eine Chance zu geben. Es geht aber ebenso darum, ein Exempel zu statuieren. Zu zeigen, dass es möglich ist, Projekte, die für einzelne politische Einheiten eine Nummer zu groß sind, gemeinsam voranzutreiben. Wie sich in den letzten Jahren die Stimmung im Hochschwarzwald gewandelt hat, ist einmalig. Man stelle sich vor, eine Hochschwarzwaldwaldgemeinde wie Schluchsee, selbst in vielen Dingen identisch mit Titisee und daher touristisch gesehen ein direkter Konkurrent (Mitbewerber), zahlt 1,4 Millionen Euro für den Bau des Bades am ca. 20 km entfernten Titisee. Es ist einiges passiert, sicherlich aus der Not heraus, das auch Grünen Überzeugungen sehr nahe steht: Förderung des Sanften Tourismus, Stärkung des basisdemokratischen Prozesses, Förderung alternativer Energieerzeugung, Wertschöpfung vor Ort, Förderung bestehender landwirtschaflticher Strukturen, Unterstützung der Höhenlandwirtschaft, Unterstützung des Kleingewerbes...und nicht zuletzt: : Zusammenarbeit, Solidarität.

 

Die Diskussion in der Kreistagsfraktion war kontrovers, eine einstimmige Haltung wird es nicht geben. Der Grund für eine ablehnende baut auf der These auf, dass ein von Öffentlicher Hand geführtes und finanziertes Bad oder wenigstens eines, wo die Öffentliche Hand Mitspracherecht hat, besser sei als ein von Privat-Investoren gebautes und geführtes Bad ohne Mitspracherecht. Von über 1000 Freizeitbädern in Deutschland schreiben gerade mal zehn Schwarze Zahlen. Von diesen zehn Bädern befindet sich keines in öffentlicher Hand, aber zwei davon werden vom Investor Wund, der das Bad am Titisee bauen will, geführt. Die Wahrscheinlichkeit also, dass eine Beteiligung der Kommunen bzw. des Landkreises Gutes bewirken wird, ist statistisch gesehen null.

Das Bad wird kommen, zum Glück. Es wäre fatal, diese Chance für die weitere Entwicklung der Region Südlicher Schwarzwald zu verschenken.


Wem die Eckdaten der Steuerschätzung bekannt sind, die Mehreinnahmen von bis zu 13 Millionen Euro voraussehen, der kann allen Ernstes nicht behaupten, der Landkreis vernachlässige mit diesem Zuschuß seine Aufgaben, sei es im sozialen, sei es im schulischen Bereich, sei es anderswo. Ich stehe nach wie vor hinter den Anträgen unserer Fraktion auf Rücknahme der Kürzungen im Bereich der Freiwilligkeitsleistungen im Sozialbereich, ich stehe auch dafür ein, die Sanierung der Schulen angesichts der guten Steuereinnahmen schneller als geplant umzusetzen, ich stehe ebenfalls dafür ein Schulden abzubauen – das ist aber doch kein –entweder-oder! , sondern ein sowohl als auch, wenn man die Politischen Mehrheiten im Kreistag gewinnt.

Die 1,75 Millionen Euro sind gut angelegt. Diese Geld verschwindet nicht als Steuergeschenk für Besserverdiener auf irgendwelchen Konten, es wir ausgegeben und investiert für eine wichtige Infrastukturmaßnahme im Hochschwarzwald, dort, wo es am dringesten gebraucht wird., dort, wo die Bevölkerung des gesamten Hochschwarzwaldes und darüber hinaus aus den verschiedensten Gründen zurecht! große Hoffnungen in dieses Projekt stecken.

 

Wer den Zuschuß ablehnt, sollte sich schleunigst Gedanken über Alternativen machen:

-Zur Wirtschaftsförderung 

- Zum Schwimmsport für die Kreisschüler

-Zu den 200 Arbeitsplätzen  

 

(Es ist ein Risko, aber das Risko, nichts zu machen, ist weitaus größer (Kreisrat Weis), Ninnt gmacht isch glii!!!(Kreisrat Gwinner)).

 

Ich werde dem Verwaltungsvorschlag zustimmen und bitte um breite Unterstützung!