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Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald |
Postanschrift Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald 79081 Freiburg |
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Beratung und Betreuung wohnungsloser Menschen und bei drohendem Wohnungsverlust;
Ihre Email vom 10.02.2009
Sehr geehrte Frau Pfeifer-Suger,
sehr geehrter Herr Dr. Riepl,
wir beantworten nachfolgend Ihre Fragen
1. in welchem Umfang Menschen in kommunalen Obdachlosenunterkünften Unterstützung, Dienstleistung und Beratung durch das Sozialamt erhalten und wie diese Maßnahmen in der Praxis aussehen,
2. in welchen Fällen und in welchem Umfang Hilfen, Beratung und Betreuung bei drohendem Wohnungsverlust gewährt werden.
Für Menschen, die in kommunalen Obdachlosenunterkünften untergebracht sind, leistet der Landkreis nach SGB XII durch das Sozialamt bzw. durch die ARGE Breisgau-Hochschwarzwald nach SGB II die existenzsichernden Hilfen im Rahmen
· der allgemeinen Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt),
· der Grundsicherung für über 65- Jährige bzw. nicht erwerbsfähige Menschen sowie
· bei Erwerbsfähigkeit (so genannte Hartz IV-Leistungen)
· einschließlich der Kosten der Unterkunft im Rahmen der Obdachlosenunterbringung und der Wiederbeschaffungskosten für eine Wohnung,
soweit Einkommen und Vermögen nicht ausreichen. Diese existenzsichernden Leistungen umfassen auch
· Hilfen zur Beschaffung und Erhaltung von Wohnraum
und entfalten eine präventive Wirkung im Hinblick auf die drohende Wohnungslosigkeit.
Die Sachbearbeitung erfolgt im Landratsamt durch die Fachbereiche Allgemeine und Besondere Sozialhilfe (FB 210 / FB 230), gestützt durch den Sozialen Dienst Sozialamt – SDS (FB 220) und in der ARGE Breisgau-Hochschwarzwald durch die Leistungssachbearbeitung.
Nach der Kommunalen Konzeption für allein stehende Wohnungslose Baden-Württemberg fasst die Bezeichnung „Wohnungslose“ zwei Personenkreise zusammen:
1. Die „Obdachlosen“ sind Personen bzw. Familien, die nach dem Wohnungsverlust in Notunterkünften der Gemeinde untergebracht sind oder in die eigene Wohnung von der Gemeinde nach Polizeirecht wieder eingewiesen sind.
2. Als „Wohnsitzlose“ oder früher auch als Nichtsesshafte werden allein stehende Wohnungslose bezeichnet, mit verschiedenen jeweils eigenen Gründen/Ursachen (Problemkonstellationen) für die Wohnungslosigkeit.
Der Landkreis leistet für wohnungslose Menschen, die obdachlos sind und demzufolge von der Gemeinde untergebracht wurden, die oben genannten existenzsichernden Hilfen.
Die Maßnahmen sehen in der Praxis so aus, dass soweit es im Einzelfall erforderlich ist, die Leistungsberechtigten vom Sozialen Dienst durch eine abgestimmte Hilfeplanung beraten und unterstützt werden.
Dazu klärt der Soziale Dienst, Sozialamt – SDS, (FB 220) für Leistungsberechtigte des SGB XII die Bedarfssituation, Potentiale und Ressourcen. Eine Auftragserteilung an die Fachgruppe SDS erfolgt durch die Sachbearbeiter der FB 210 und/oder FB 230.
In der Regel nehmen die Sozialarbeiter/-innen des
SDS mit den betroffenen Personen (Leistungsberechtigte nach SGB XII) Kontakt
auf, besuchen sie in deren Lebensumfeld und bieten Beratungsgespräche an.
Ziele hierbei sind:
- die Erweiterung persönlicher Fähigkeiten
- die Förderung persönlicher Ressourcen
- die Entwicklung von Alternativen zur Sozialhilfe
- eine von SGB XII Leistungen unabhängige
Lebensgestaltung.
Diese
Ziele werden in der Praxis durch ein ganzheitliches Informations- und
Beratungsangebot für die Betroffenen sichergestellt. Ein weiteres wichtiges
Instrument in der Arbeit der Fachgruppe SDS ist die zielgerichtete und
wohnortnahe Vermittlung von Beratungs- und Betreuungsangeboten wie zum Beispiel
allgemeine Sozialberatung der Wohlfahrtsverbände, Suchtberatung,
Schuldnerberatung, usw.
Bei
Personen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen,
geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten
ganz oder teilweise zu besorgen, können die Sozialarbeiter/-innen der
Fachgruppe SDS eine rechtliche Betreuung anregen (§§ 1896 ff BGB).
Beim
Vorliegen einer wesentlichen körperlichen, geistigen oder seelischen
Behinderung (Leistungen nach dem 6. Kapitel des SGB XII, Eingliederungshilfe
für behinderte Menschen, §§ 53 ff SGB XII), werden die Sozialarbeiter/-innen
der Fachgruppe SDS nach einem standardisierten Hilfeplanverfahren tätig. Dabei
wird mit dem Betroffenen und evtl. einem Leistungserbringer zusammen der
konkrete Hilfebedarf erhoben und die dazugehörigen passgenauen Maßnahmen
festgelegt. Mit Hilfe einer Zielvereinbarung wird der Hilfeplanprozess für alle
Beteiligten transparent und evaluierbar.
Im
Falle der Antragstellung auf Hilfe zur Überwindung besonders sozialer
Schwierigkeiten
(§§ 67
ff SGB XII) wird von den Sozialarbeiter/-innen der Fachgruppe SDS ein mit der
ARGE Breisgau-Hochschwarzwald abgestimmtes Hilfeplanverfahren durchgeführt.
Inhalt des Verfahrens ist, nach Abklärung der Leistungsvoraussetzungen des § 67
ff SGB XII, mit Hilfe einer Bedarfsanalyse zu einem Hilfeplan mit Zielvereinbarungen
zu kommen. Leistungsberechtigte sind Personen, bei denen besondere
Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind. Die Leistungen
sind nachrangig zu gewähren.
Ob
besondere Lebensverhältnisse bestehen, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Dabei
müssen die besonderen Lebensumstände elementare Lebensbedürfnisse betreffen,
wie etwa fehlender bzw. nicht ausreichender Wohnraum. Eine Wohnung ist allerdings
nicht schon dann als nicht ausreichend einzustufen, wenn ihre Größe,
Ausstattung oder Lage nicht durchschnittlichen Anforderungen entspreche.
Vielmehr müssen die elementaren Anforderungen an ein menschenwürdiges Wohnen, etwa
im Hinblick auf Hygiene, Schimmelbefall, Wärme, Trockenheit - fehlen (aus Grube/Wahrendorf, SGB XII Kommentar, 2.
Auflage S. 431).
Soziale
Schwierigkeiten liegen vor, wenn ein Leben in der Gemeinschaft durch
ausgrenzendes Verhalten des Hilfesuchenden oder eines Dritten wesentlich
eingeschränkt ist. Auch diese Voraussetzung zur Leistungsgewährung wird in
jedem Einzelfall abgeklärt. Das Leistungsangebot wird je nach Vorrausetzungen
und Bedürfnissen des einzelnen Menschen abgestimmt.
Die
oben gemachten Ausführungen lassen daher keine pauschale Antwort auf die Frage
zu, wie viele Menschen in kommunalen Obdachlosenunterkünften Unterstützung
durch Dienstleistungen oder Beratung über die Sozialarbeiter/-innen der
Fachgruppe SDS erhalten.
Um Ihre zweite Frage zu beantworten, in
welchen Fällen und in welchem Umfang Hilfen Beratung und Betreuung bei drohendem
Wohnungsverlust gewährt werden, ist zunächst auf die Rechtsgrundlage zu
verweisen, die wie folgt lautet:
Nach § 34 Abs.1 SGB XII können Schulden (z.B. Mietschulden) übernommen werden, wenn dies
zur Sicherung der Unterkunft oder
zur Behebung einer vergleichbaren
Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit
einzutreten droht. Geldleistungen können
als Beihilfe oder als Darlehen erbracht werden.
Auch Erwerbsfähige im Sinne des SGB II und
ihre Angehörigen, die aber nicht hilfebedürftig nach § 9 SGB II sind, können
Leistungen nach § 34 SGB XII erhalten.
Der Landkreis handelt in Ausübung seines
pflichtgemäßen Ermessens.
Die Sachbearbeitung erfolgt im Fachbereich
230, Allgemeine Sozialhilfe, mit Unterstützung durch den Sozialen Dienst des
Sozialamtes – SDS (FB 220).
Leistungsvoraussetzungen:
„Sicherung
der Unterkunft“
Hierunter fallen alle Maßnahmen, die
geeignet sind, den Leistungsberechtigten vor Obdachlosigkeit zu bewahren.
Voraussetzung ist u.a., dass die Wohnung tatsächlich noch genutzt wird, eine
mietvertragliche Berechtigung besteht und mit der Leistung die Unterkunft auf
Dauer erhalten werden kann.
„Vergleichbare
Notlage“
z.B.
Stromschulden
„Rechtfertigung“
Hier greift das Subsidiaritätsprinzip der
Sozialhilfe. D.h. zunächst sind alle Selbsthilfemöglichkeiten, die wirtschaftliche
Situation und die Vermögensverhältnisse des Leistungsberechtigten zu
berücksichtigen. Dies bedeutet, dass auch im Falle eines geschützten Vermögens
im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (bei einem allein stehenden
Leistungsberechtigten von mehr als 500.- €; bei einem Leistungsberechtigten mit
Angehörigen von mehr als 750.-- €) davon ausgegangen werden kann, dass der
Leistungsberechtigte in der Lage ist, sich selbst zu helfen.
Auch muss gegenüber dem Vermieter kein
Zahlungsaufschub zu erreichen sein.
„Notwendigkeit“
Eine Notwendigkeit besteht dann nicht, wenn
wiederholt Mietschulden entstehen oder aus anderen Gründen eine erneute
begründete Kündigung zu erwarten ist.
„Wohnungslosigkeit“
droht dann einzutreten, wenn die bisher
bewohnte Unterkunft gefährdet ist, eine andere Wohnung auf dem Markt nicht
angemietet werden kann und deshalb eine Unterbringung in einer Not- bzw.
Obdachlosenunterkunft in Betracht kommt.
Besonderheiten:
Neben der üblichen möglichen konkreten
Antragstellung durch den Leistungsberechtigten selbst, wird der Sozialhilfeträger
auch über das zuständige Amtsgericht über eine anhängige Räumungsklage wegen
bestehender Mietschulden informiert (vgl. § 34 Abs. 2 SGB XII). Der
Sozialhilfeträger setzt sich dann mit dem Leistungsberechtigten in Verbindung
und weist ihn auf die mögliche Antragstellung für eine Mietschuldenübernahme
nach SGB XII bzw. SGB II hin.
Entsprechende Regelungen im SGB II werden von der ARGE umgesetzt:
Für Personen, die im Rahmen des SGB II
laufende Leistungen für die Unterkunft erhalten, ist Entsprechendes in § 22
Abs. 5 SGB II geregelt. Auch hier ist Voraussetzung, dass die Übernahme der
Mietschulden zur Sicherung der Unterkunft bzw. zur Behebung einer
vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist.
Die Voraussetzungen für die Sicherung der
Unterkunft entsprechen den Regelungen des
SGB XII. Insbesondere muss hier – da die
Leistung nur für Empfänger von Leistungen zum Lebensunterhalt vorgesehen ist –
beachtet werden, dass eine dauerhafte Sicherung der Unterkunft nur bei
angemessenen Mietkosten, die dann auch laufend aus den Leistungen zum Lebensunterhalt
bestritten werden können, in Betracht kommt.
Gerechtfertigt ist die Mietschuldenübernahme
nach SGB II dann, wenn das Barvermögen einen Betrag von 750.-- € pro Person der
Bedarfsgemeinschaft nicht übersteigt. Der Einsatz von darüberliegenden, ansonsten
geschützten Teilen des Barvermögens ist allerdings zumutbar.
Die Mitteilungen des Amtsgerichts über
drohende Wohnungslosigkeit werden grundsätzlich an den SGB XII-Träger gesandt.
Im entsprechenden Anschreiben an den Betroffenen weist das Landratsamt (FB 230)
darauf hin, dass für SGB II-Empfänger die ARGE zuständig ist, und der entsprechende
Antrag dort zu stellen ist.
Ergänzende
Absprache im Bereich der ARGE-Geschäftsstelle Müllheim:
Soweit Gemeinden als Vermieter oder
Ortspolizeibehörde von drohender Wohnungslosigkeit Kenntnis erhalten, geben sie
diese Information an die ARGE weiter, damit von dort eine Mietschuldenübernahme
geprüft werden oder ggf. auf die Möglichkeit der Antragstellung beim
SGB XII hingewiesen werden kann.
Die Sozialarbeiter/-innen der Fachgruppe SDS beraten bei Bekanntwerden eines drohenden Wohnungsverlustes und Beauftragung durch den FB 230 die betroffenen Menschen, analog der oben zur ersten Fragestellung beschriebenen Praxis.
Wir hoffen zur Klärung beigetragen zu haben und stehen Ihnen bei weiteren Fragen gerne zur Verfügung.
Die Fraktionsvorsitzenden des Kreistages des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald und Herr Bürgermeister Dr. Lohs in Müllheim erhalten Nachricht von diesem Schreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Münzer
Sozialdezernentin
2.
Nachricht von Ziffer 1 erhalten:
CDU
Kreistagsfraktion Breisgau-Hochschwarzwald
Herrn
Fraktionsvorsitzenden Jürgen Ehret
Schwarzwaldstraße
30
79423
Heitersheim
SPD
Kreistagsfraktion Breisgau-Hochschwarzwald
Herrn
Fraktionsvorsitzenden Reiner Zimmermann
Vogelsang
10
79206
Breisach
Bündnis
90/Die Grünen Kreistagsfraktion Breisgau-Hochschwarzwald
Frau
Fraktionsvorsitzende Barbara Schweier
Höllentalstr.
9
79199
Kirchzarten
FDP
Kreistagsfraktion Breisgau-Hochschwarzwald
Herrn
Fraktionsvorsitzenden Werner Haerdle
Griesäckerstraße
24
79194
Gundelfingen
FWG
Kreistagsfraktion Breisgau-Hochschwarzwald
Herrn
Fraktionsvorsitzenden Franz-Josef Winterhalter
Vörlinsbach
1
79254 Oberried
Herr
Bürgermeister
Dr. René Lohs
Bismarckstr. 3
79379 Müllheim
zur Kenntnis.
Mit freundlichen Grüßen
Münzer
Sozialdezernentin